Hallo Forum! Mein erster Beitrag - "Minerva Record W" (österreichisches Erzeugnis), Baujahr 1955. Die Sache hat sich lange hingezogen und ich war selbst nicht immer vom Ergebnis meiner hemdsärmeligen Reparaturweise begeistert - aber ich denke, ich lasse Euch einmal teilhaben!

Gefunden hab ich das Ding auf einem Flohmarkt, zum fairen Preis von fünf Euro. Gehäuse zerbrochen, Schimmelpilz auf der Bespannung, ein penetranter Geruch nach ungepflegtem bzw. viel zu spät beerdigtem Besitzer. Nachdem ich schon einige Geräte aus dieser Serie besitze, darunter ein fast baugleiches, und eigentlich genug Anderes zu tun, habe ich mich schweren Herzens entschlossen, den Schrott stehenzulassen.

Zuhause angekommen (irgendwie muss es mir beim Vorbeigehen dann doch zwischen den Fingern hängengeblieben sein), habe ich das Gerät zerlegt. Ich konnte es nicht einmal irgendwo wegräumen, weil es dauernd Teile verloren hat.

Die Bruchstücke des Gehäuses habe ich erst einmal zusammengeleimt.

Wegen des übelriechenden Drecks habe ich mich für handfestere Reinigungsmethoden entschieden: Das Chassis (natürlich ohne Röhren, aber mit Trafos) habe ich ganz sanft mit 100 Bar mit dem Hochdruckreiniger geduscht und abgepinselt, das Gehäuse mit dem Schwamm ausgewaschen.

Das Chassis habe ich danach monatelang in einem trockenen Raum trocknen lassen - eine Arbeit, die Erfahrung und höchste Konzentration erfordert.

Wider besseren Wissens konnte ich es mir nicht verkneifen, auch die Schallwand mit dem noch sehr schönen Stoff drauf zu waschen. Der Stoff hat sich prompt abgelöst. Nach dem Trocknen war er ausgefasert und verzogen und nicht mehr zu verwenden. Leider ist es erfahrungsgemäss aber auch keine Lösung, den Stoff beim Waschen auf der Schallwand zu belassen: Das Holz macht den Stoff dann ganz schlimm fleckig.

Hier ist das Gehäuse zusammengeleimt und ein erstes Mal verkittet (hat danach noch weitere Durchgänge erfordert). Mit der Trennscheibe wird die Nut für die Zierleiste freigeräumt. Zum Verkitten habe ich 'Holzpaste' genommen, die ist allerdings nicht sehr angenehm zu verarbeiten.

Den goldfärbigen Rahmen, die Einfassung der Anzeigeröhre (EM34) und die Lautsprechergitter habe ich mit Acryl-Goldspray ("für innen") und darüber (entgegen der Anleitung!) Acryl-Klarlack nass in nass lackiert. So werden die Flächen matt und etwas dunkler, und das Gerät schaut gleich etwas patiniert aus und nicht wie ein frischlackiertes Hutschpferd. Ausserdem wird die Farbe dadurch grifffest.

Der rissige und teilweise weggeplatze Lack hat sich als diversen Abbeizmitteln gegenüber unbeeindruckt erwiesen. Also habe ich ihn letztlich mit der Ziehklinge abgezogen und anschliessend mit Sandpapier geschliffen. Hier kommt gerade Holzbeize drauf.

Als Laie steht man bei Holzarbeiten vor der interessanten Beobachtung, dass man beliebig viele Stunden in so eine Arbeit hineinversenken kann, letztlich war man dann doch irgendwo zu flüchtig und es schaut gepfuscht aus. Hut ab jedenfalls vor Leuten, die das wirklich können!

Lackiert habe ich dann mit Einkomponenten - Emaillack aus der Dose (meines Wissens sind diese Radios original auch mit Kunstharzlack lackiert). Die Lackierung ist eigentlich besser geworden, als es hier den Anschein hat, allerdings folgt die Oberfläche der Maserung und ist nicht spiegelglatt wie zuvor.

Der Siebkondensator war sichtlich kaputt. Ich habe das Innenleben entfernt und neue Elkos hineingestopft (die aber leider nicht alle ganz reingepasst haben). Das Vergiessen mit Schmelzkleber war keine so gute Idee, weil die Elkos dann im Fehlerfall ihren Überdruck nicht kontrolliert ablassen können. Also habe ich das meiste davon dann wieder entfernt. Hier noch original:

Die Sicherungen waren beide durchgebrannt. Ich habe passende Sicherungsdrähte aus Glasrohrsicherungen ausgelötet und da reingefummelt. Die hohe Spannung hilft zum Glück bei der Kontaktgabe nach.

Im Wellenschalter hatte sich ein kleiner Gummipuffer gelöst und die Mechanik teilweise blockiert. Bei einem sicher schon lange zurückliegenden Reparaturversuch waren dann auch die Kontakte beschädigt und verklemmt worden. Nach einigem Probieren (und einer weiteren Beschädigung, ähem) bin ich dann draufgekommen, dass sich die Schaltkulisse leicht zerlegen lässt, und später sogar wieder zusammenbauen! So liessen sich letztlich alle Defekte leicht beheben, und die Kontakte lassen sich natürlich viel besser reinigen.

Als Ersatz für den totgereinigten Bespannstoff hatte ich diese Replik bereit. Der Rahmen erlaubt es, den Stoff gleichmässig zu spannen, bevor er auf die Schallwand geklebt wird. Es ist sehr wichtig, gleichmässig in beide Richtungen zu spannen, sonst wirft der Stoff dann über dem Lautsprecher eine Falte. Ist mir natürlich prompt passiert. Vielleicht kennt jemand Abhilfe? Nassmachen und Trocknenlassen lässt den Stoff jedenfalls nicht ausreichend 'schrumpfen'.

Vor dem Abschneiden der Ränder und dem Ausschneiden des Lochs für die Anzeigeröhre müssen die Fasern am Rand mit Leim fixiert werden.

Hier das Chassis von unten. Die neuen gelben Kondensatoren sind nicht schön, aber sie funktionieren.

Die Verpackungen der "neuen" Röhren sind hingegen ein Genuss!

Für die taube Anzeigeröhre, eine EM34, gibt es leider keinen Ersatz (bzw. wäre der viel zu schade für Alltagsgebrauch!). Bei der normalen Anodenspannung ist auf dem Schirm kaum ein Leuchten zu erkennen.

Der Trick ist natürlich nicht neu: mit erhöhter Anodenspannung lässt sich der Röhre wieder ein schönes Leuchten entlocken. Im Dauerbetrieb hält das aber wahrscheinlich nicht lange. Ich habe deshalb die Spannung über ein Potentiometer einstellbar gemacht, sodass man die Röhre durch Zurückdrehen der Spannung schonen kann.

Aus Sicherheitsgründen habe ich eine Schaltung mit zwei kleinen Transformatoren verwendet. Der erste setzt die Netzspannung (direkt vom Netzschalter) auf eine ungefährliche Wechselspannung herunter. Mit dem Potentiometer kann diese Spannung jetzt gefahrlos (weil auch potentialfrei) reguliert werden. Dann wird sie vom zweiten, "verkehrt" betriebenen Trafo wieder auf (bis zu) Netzspannung hochgesetzt und in einer Spannungsverdopplerschaltung annähernd verdoppelt. Ein Längswiderstand am Ausgang schützt vor Stromstössen bei versehentlicher Berührung. Die maximal erreichte Gleichspannung ist 470 Volt. Die Trafos darf man nicht beliebig klein wählen! Kleine Trafos mit <5VA haben zu viele Verluste, da geht im Inversbetrieb zu viel Spannung verloren, selbst im Leerlauf. Mit dieser Kombination hat es funktioniert: Runter mit 230V/24V 5VA, rauf mit 230V/18V 5VA, invers geschaltet (editiert von Richard am 15.2. - ich hatte was vertauscht!), dazwischen ein Poti 220 Ohm 3W (mit 180 Ohm Festwiderstand in Reihe). Die Schaltung ist hinten oben am Rahmen der Rückwand befestigt, mit einem dicken Stück Plexiglas als Berührungsschutz. Schön ist das aber nicht, und der Aufwand ist insgesamt unsinnig hoch.

Die UKW-Empfangsteile dieser Serie haben leider allesamt ein Problem (also genaugenommen die Leute, die sie benutzen wollen): Die schmalbandige Vorselektion im Tuner und die Charakteristik der diskret aufgebauten ZF-Filter bewirkt eine Amplitudenmodulation des Empfangssignals und damit Verzerrungen. Diese Problematik besteht nicht nur seit den Erhöhungen im Frequenzhub der letzten Jahrzehnte, das "Zischeln" speziell bei Nachrichtensendungen wurde bei diesen Geräten auch damals schon moniert. Geräte, die nur wenige Jahre später (um 1960) mit dem gleichen Röhrensatz gebaut wurden, funktionieren da schon wesentlich besser.

Die beiden ehrwürdigen Veteranen im Bild sind ein Signalgenerator und ein Oszilloskop, mit denen man das ZF-Teil (hier im Bereich 10,3 - 11,1MHz) "durchwobbeln" kann.

Am Ratiodetektor soll sich eine möglichst breite und lineare Kennlinie zeigen. Ich habe lange mit zusätzlichen Widerständen experimentiert, die die Resonatoren in den ZF-Stufen bedämpfen und damit die Durchlasskurven flacher machen sollen. Letztlich habe ich sie aber wieder rausgeworfen, der Erfolg war nicht so eindeutig. Das Hauptproblem scheint im Tuner selbst zu liegen, der ist aber allein schon mechanisch kaum zugänglich (und für mich auch messtechnisch nicht). Insgesamt wird der Sound am besten, wenn man den ZF-Teil auf eine möglichst breite und trotzdem lineare Kurve einstellt, und die Vorselektion im Tuner so gut wie möglich 'zentriert".

Zuvor war es noch nötig, den Oszillator um 4MHz nach oben zu verstimmen - ohne www.FM4.at (in Wien auf knapp 104MHz) macht Radiohören einfach keinen Spass.

Die EM34 sollte ich noch geradestellen ...

Erfreulicher Probelauf nach dem Zusammenbau.

Innenleben in Betrieb: Die drei Lautsprecher (links, hier nicht zu sehen, ist noch ein elektrostatischer Hochtöner) klingen durchaus angenehm!